Gruftkirche Hl. Anna am Stadtplatz [náměstí]

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Im unteren Teil des Stadtplatzes, in der nordöstlichen Ecke der Stadt-mauer, befand sich von 1611 bis 1784 ein Kapuzinerkloster (heute ein Profanbau), neben welchem Franz von Dietrichstein im Jahre 1623 (der Grundstein wurde zwei Jahre später geweiht) mit dem Bau einer Nach-bildung der Casa Santa aus dem italienischen Loreto begann. Der Bau der Kirche nach einem Projekt von Giovanni Tencalla wurde vor 1638 bereits unter dem neuen Kardinal Maximilian von Dietrichstein aufge-nommen.
Die neue Kirche wurde 1656 der heiligen Anna geweiht, die Casa Santa hatte ihren Platz in der Mitte des Hauptschiffes.

Gleichzeitig mit der Kirche entstand an ihrer Nordwand auch die Grab-kapelle der Adelsfamilie Březnický z Náchoda sowie auf der gegenüber-liegenden Seite die Sakristei mit der Schatzkammer im Obergeschoß.
Dieser Bau wurde in den Jahren 1678-1682 umgestaltet und erhielt vor allem 1679-1680 eine neue, künstlerisch aufwendigere Stuckverzierung von Giovanni Castelli (heute Ausstellungsraum im Haus Nr. 6).

An der Südwestseite der Kirche St. Anna wurde die Grabkapelle der Dietrichsteiner angebaut, die heutige Sakristei.
In den Jahren 1701-1706 erhielt die Kirche (vermutlich von Domenico Martinelli) eine ganz neue, monumentale Fassade mit zwei Türmen, die möglicherweise nach einem Entwurf von Johann Bernhard Fischer von Erlach entstand, auch wenn sein ursprüngliches Projekt (ein fünfachsiger Bau mit Kuppel, ähnlich der Wiener Karlskirche) nicht realisiert wurde.
Fast die ganze Kirche, damals durch eine urbanistisch sehr viel passendere figurengeschmückte Treppe vom Niveau des umgebenden Platzes abgehoben, fiel dem verheerenden Stadtbrand vom 14. September 1784 zum Opfer. Unbeschädigt blieben nur der Chor der Kirche mit der so genannten „Náchod-Kapelle“, die Außenwand der Kirche mit den Seitenkapellen und der gemauerte Teil der Nordwestfassade. Kurz nach dem Brand drohte sogar ein Verkauf der Überreste der Annakirche als Baumaterial. Hierzu kam es dann zum Glück doch nicht, die erste Schritte zur Sicherung der einsturzgefährdeten Gemäuer wurden aber erst 1837 unter Franz Joseph von Dietrichstein unternommen. Dieser ließ schließlich in den Jahren 1845-1852 auf der Grundlage eines Projekts von Heinrich Koch das ganze Gebäude zur Grabkirche der Dietrichsteiner umbauen.
Der Architekt beseitigte die ursprüngliche Grabkapelle an der Südseite und ließ die alte Krypta zuschütten. Den einstigen Chor schloss er durch eine klassizistische Mauer mit der Jahreszahl 1846 ab, womit aus dem früheren Hauptschiff ein offener Hof wurde in dem sich ein Standbild von Franz Josef von Dietrichstein 1806-1854 (Ritter des Maria-Theresia-Ordens) befindet, eine Statue aus dem Ahnensaal des Schlosses.
Die Arkaden der Seitenkapellen wurden zugemauert, die so entstandenen Gänge dienten fortan als Aufbewahrungsort für 44 fürstliche Sarkophage der in den Jahren 1617-1852 verstorbenen Familienmitglieder, welche nach dem Brand provisorisch unter der Kirche St. Wenzel verwahrt worden waren und nun auf Eichenpodesten stehen, die von Bildhauer Leimen aus Wien gestaltet wurden. Die neu entstandene klassizistische Gruftkirche „zum Hl. Kreuz“ erhielt einen neuen Marmoraltar von Cyrill Lerch über dem sich ein monumentales Kruzifix von Franz Bauer erhebt.
Die Statuen der Hl. Anna und des Hl. Leopold stammen von Vinzenz Pilz, die Orgel von Deutschmann. An der Decke hängt ein Messinglüster holländischen Typs, 1854 nach einem Entwurf von Theophil Hansen geschaffen. Umgestaltet wurde auch die beschädigte Fassade, gemauerte Aufsätze ersetzten die ursprünglichen barocken Turmkuppeln, auf der Monumentalfassade das Relief „Anna selbdritt“ von Mathias Roth, über den Seiteneingängen der Hl. Joachim und der Hl. Zacharias von Anton Riga, auf der Balustrade zwischen den beiden Türmen fanden eine Christusfigur und zwei Engel von Josef Kässmann ihren Platz (1932 Jedermann-Spiele).
In dieser Gestalt verblieb die Gruft bis Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als die Stadt sich zu einer aufwendigen Renovierung des schadhaften Bauwerks entschloss. Restauriert wurden die steinerne Fassade des Baues und der Figurenschmuck ebenso wie sämtliche Innenräume und der Hofbereich mit dem Denkmal Franz Joseph von Dietrichsteins. Dieses Werk von Emanuel Max aus dem Jahr 1859, ursprünglich für den Ahnensaal im Schloss geschaffen, besteht aus der sitzenden Marmorfigur des Fürsten auf einem Sockel, an dessen Seiten Szenen aus dem Wirken F. J. von Dietrichsteins in Valenciennes 1793 eingemeißelt sind.
Die „Náchod-Kapelle“ wie auch das ehemalige Refektorium des Kapuzinerklosters, im Gebäude rechts neben der Kirche, ist reich an Stuckarbeiten.